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Nach Flucht und Vertreibung – Suche nach einer neuen Heimat

Nach dem Ende des 2. Weltkrieges wurde Deutschland in vier Besatzungszonen aufgeteilt. Die deutschen Ostgebiete wie Schlesien, Ost- und Westpreußen sowie das Sudetenland ordnete man der Sowjetischen Besatzungszone zu.

Kurze Zeit später wurde in einem Dekret der Siegermächte erklärt, dass das gesamte Sudetenland in die Tschechoslowakische Republik, Schlesien an Polen und Ost- und Westpreußen in die Sowjetunion eingegliedert werden. Daraufhin forderten die neuen Machthaber alle Bürger mit deutscher Staatsangehörigkeit auf, umgehend ihre angestammte Heimat zu verlassen und ihren gesamten Besitz ohne jegliche Entschädigung an die Staaten der Tschechoslowakei, der Sowjetunion und Polen zu übergeben. Wer dieser Aufforderung nicht innerhalb einer bestimmten Frist nachkam, dem drohte die Zwangsdeportation in den Osten Russlands. Einige deutsche Bewohner dieser Ostgebiete, die trotz aller Drohungen, sich von ihren teils sehr großen Besitztümern (Industriebetrieben, Guts- und Bauernhöfen) nicht trennen wollten, wurden kurz darauf verhaftet und in Arbeitslager nach Sibirien oder dem Kaukasus verschleppt.

All jene Heimatvertriebene, die im Zeitraum von 1945 – 1946 noch rechtzeitig ihre Heimat verließen und verarmt in die Westdeutsche Amerikanische Besatzungszone flüchteten, wurden in Flüchtlingslagern aufgefangen und mit dem Notwendigsten an Verpflegung und Kleidung versorgt. Flüchtlingslager befanden sich in unserer Gegend in Stamsried und Wetterfeld. Jedoch nur wenige, die Glück hatten und bei hilfsbereiten Privatleuten Aufnahme fanden, konnten durch Mithilfe im Haushalt oder Landwirtschaft ihre schlimme Versorgungslage dadurch etwas verbessern.

Als aber nach einigen Jahren der Vertreibung und vergebener Hoffnung keine Aussicht mehr auf Rückkehr in ihre Heimat bestand, begannen viele Heimatvertriebene sich wieder eine neue Existenz zu errichten.

Eines der bekanntesten Gebiete in unserer Gegend ist die heutige Industriestadt Neutraubling bei Regensburg. Aber auch eine idyllische Waldlichtung am Rande des Bayerischen Waldes zählte ebenfalls zu einem solchen verheißungsvollen Siedlungsgebiet.

Ein gewisser Herr Lang, früherer Brauerei- und Gastwirtschaftsbesitzer in Pösing (heute Gasthaus Weitzer) besaß im sogenannten „Hartholz“ ein großes Waldungsgrundstück. Als 1896 seine Brauerei und Gastwirtschaft fast völlig niederbrannte, verkaufte Herr Lang die Reste im Jahre 1902 an Wolfgang Weitzer und ließ sich mit seiner Familie in Regensburg nieder. Als Herr Lang einige Jahre später verstarb, erbte seine Tochter Maria das ca. 35 Tagwerk aus dem Langschen Besitz noch übrig gebliebene große Waldgrundstück im Hartholz, gelegen an der Straße zwischen Pösing und Strahlfeld. Sie heiratete später in zweiter Ehe den Reichsbahnoberinspektor Gruber aus Regensburg, mit dem sie dann in ihrem Besitz befindlichen großen Mietshaus in Regensburg in Nähe des heutigen Josefskrankenhaus bis 1945 wohnte.

Nach den verheerenden Bombenangriffen der Alliierten im Frühjahr 1945 auf die Stadt Regensburg wurde das Mietshaus der Fam. Gruber völlig zerstört. Obdachlos kehrte Maria Gruber mit Familie nach Pösing an ihren Geburtsort zurück, wo sie dann bei der Familie Lankes (frühere Bäckerei) eine vorübergehende Bleibe fand.

Dieser Umstand und die bestehende Enge des Dorfes haben das Ehepaar Gruber später in der Hauptsache bewogen, sich einige bau- und siedlungswillige Familien auszusuchen und mit ihnen auf ihrem Waldgrundstück im „Hartholz“ an der Strahlfelder Straße eine kleine Siedlung zu errichten.

Ein Regierungsbaumeister aus Regensburg hatte dazu die gemeinsamen Pläne gefertigt. Die ersten vorgesehenen Familien waren das Ehepaar Gruber, der Malermeister Stefan Kumschier, der Lehrer Franz Xaver Schaffer, Doktor H. Meier, Ingenieur Ernst Reitmeier und Bahnbeamter Ludwig Reith. Der Maurermeister Ruhland aus Pösing bekam den Auftrag, die Häuser zu bauen und dafür sollte er selbst für seine Söhne Bauplätze erhalten. Franz Xaver Schaffer und Ernst Reitmeier strebten sogar den Aufbau einer Kleinindustrie an.

Da es aber in den Nachkriegsjahren große Schwierigkeiten mit der Beschaffung von Baumaterialien gab und von Seiten der Regierung, trotz großer Bemühungen des Pösinger Bürgermeisters Georg Hornauer, der Anschluss von Strom und Wasser verwehrt wurde, ließen zunächst die vorgenannten Siedlungspioniere ihren Plan zur Gründung einer Siedlung mit Kleinindustrie fallen. Die Fam. Gruber ließ sich wieder in Regensburg nieder und verkaufte später alle ihre Grundstücke im „Lang“ Wald an bauwillige Siedler. Trotz aller widrigen Umstände ließ es sich der Siedlungspionier Stefan Kumschier im Herbst 1947 nicht nehmen, mit einfachsten natürlichen Baumaterialien wie Lehm, Heidekraut und Holzmaterialien ein bescheidenes Zuhause zu errichten und wurde somit zum Gründer der Siedlung.

In den nächsten 10 Jahren folgten dann weitere 32 Familien, die nahezu alle ihrer angestammten Heimat beraubt wurden und sich hier in Langwald wieder eine neue Existenz aufbauen konnten, zumal der Baugrund sehr billig war (15 – 40 Pfennige pro qm) und man bei der Baugestaltung der Wohnhäuser sehr viel Freiraum hatte.

So haben sich diese ihrer Heimat beraubten Mitbürger wieder ein Stück neue Heimat geschaffen, die sie aus einer schier hoffnungslosen Situation heraus führte und die damit wieder neue Hoffnung schöpfen konnten.

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